Kunsthalle Palazzo
Röhrender Hirsch am Bergsee
Romantik in der zeitgenössischen Kunst
Presseberichte 1 / 2

Mathieu Bernard-Reymond
Marica Gojevic
Leta Peer
Isabel Schmiga
Joulia Strauss & Moritz Mattern
Karoline Walther

Kuratorin: Helen Hirsch

Leporello der Austellung (pdf)

Wer kennt nicht das Motiv Röhrender Hirsch am Bergsee?
Das zeitlose und beliebte Bildsujet, das viele alpenländische Wohnstuben zierte, ist noch immer Bestandteil einer idealisierenden Naturdarstellung und verkörpert heimatlicheGefühle. Die Hirschdarstellung reiht sich ein zwischen Kitsch und Kunst und ist Inbegriff einer heilen Welt.

Die Ausstellung in der Kunsthalle Palazzo markiert dazu einen Kontrapunkt und greift junge selbstbewusste Positionen auf, die ungeniert aus dem romantischen Vokabular schöpfen, um pointierte und ernsthafte Sichten auf innere und äussere Zustände der Gesellschaft zu thematisieren.Verführerische, fantastische und unheimliche Darstellungen verweben sich mit fiktiven und realen Zuständen.

Die Rezeption von romantischen Symbolen und ihrer Formensprache in der zeitgenössischen Kunst ist keine neue Erscheinung. Aber selten war sie so signifikant und präsent wie in der heutigen jungen Kunstszene. Es zeigt sich wieder häufiger eine nostalgische Rückbesinnung auf traditionsbehaftete und heimatliche Formulierungen. Dazu wird auch auf einzelne Motive der Romantik zurückgegriffen, um sie neu zu verarbeiten und zu untersuchen.

Die ausgewählten schweizerischen und deutschen Künstlerpositionen knüpfen entschlossen an Aspekte des romantischen Geistes an. Die Künstler bedienen sich dabei nicht nur der Malerei, sondern auch der Medien der Postmoderne, wie Fotografie, Installation und digitaler Arbeiten. Eine Schlüsselarbeit in der Ausstellung ist die interaktive Installation von Joulia Strauss & Moritz Mattern, Freischwan von Steckdosen, die auf die Traumwelt Ludwigs II. von Bayern zurückgreift und das Lieblingsmotiv des Königs, den Schwan, als Metapher der Romantik ins Cyberzeitalter katapultiert. Leta Peers Blumen- und Bergmotive erwecken Sehnsucht nach intakten Naturerlebnissen und sind für die Engadiner Künstlerin Rückbesinnung auf ihre Heimat. Isabel Schmigas Arbeiten greifen ironisierend auf Jagdtrophäen und Tiermotive zurück. Mit ihrer durchaus gesellschaftskritischen Haltung formuliert sie neue Sichtweisen auf bestehende Fetische. Der Fotograf Mathieu Bernard-Reymond konfrontiert den Betrachter mit «erhabener Landschaft» und Rückenfiguren aus dem Vokabular eines Caspar David Friedrich. Bei Marica Gojevics Soundinstallation taucht der Betrachter ein in ein suggestives Wortspiel: romantisch anmutende Worte lassen in der Vorstellung malerische Bilder entstehen. Karoline Walthers gezeichnete Bildkosmen verschmelzen Landschaft und Architektur zu einem komplexen Gebilde aus Abstraktion und Figuration, welches die spurenhaften Umrisse einer nicht überblickbaren Welt erahnen lässt. Das Zuwenden zum landschaftlich historisierenden und
märchenhaften Sprachgebrauch ist Ausdruck einer aktuellen Geisteshaltung junger Künstler. Sie ist zugleich Reaktion auf weltverändernde Ereignisse und einVersuch, in der Vielfalt und der Disharmonie der Zeit eine neue Art von Harmonie zu finden und zu explorieren.

Helen Hirsch
Geboren in Stockholm, wohnhaft in Basel.
Studium der Kunstgeschichte in Basel, Kopenhagen und Freiburg i. Br; Nachdiplom-studium Kulturmanagement in Basel. 1997–2000 wissenschaftliche Mitarbeiterin Kunsthalle Basel. Arbeitet als freischaffende Kuratorin mit Schwerpunkt interkulturelle Projekte und themenrelevante Ausstellungsprojekte in der zeitgenössischen Kunst.

Mathieu Bernard-Reymond
Intervalles 2001


Letta Peer, Mathieu Bernard-Reymond
Isabel Schmiga

Isabel Schmiga
lady 2004

 

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